In meiner Heimatstadt ist zweimal im Jahr Jahrmarkt, großer Rummel mit Schaustellerbuden und Fahrgeschäften.
Heuer bin ich ganz bewusst in diese „aufregende, fröhliche und beschwingte Welt“ eingetaucht und habe mich in meine Kindheit zurückversetzt.
In dieser Vorstellung blieb ich am Eingang des Rummels kurz stehen, schloss meine Augen und machte bewusst einen großen Schritt über die Bordsteinkante.
Eine „andere, geheimnisvolle Kinderwelt“ öffnete sich und Erinnerungen wurden wach.
Die Bratwurstbude steht immer noch am gleichen Platz und der betörende Duft der Röststoffe erzeugt sofort das
„Bratwurst-Haben-Gefühl.“
Also los.
Nichts geht über eine Bratwurstsemmel aus der Hand gegessen. Die besten gibt es nur auf dem Rummel. Gebrannte Mandeln und Zuckerwatte können da nicht mithalten.
Ich schlendere durch die Buden. Dann sehe ich ihn, den kleinen Stand mit den aufgeblasenen Luftballons zwischen dem Autoscooter und Möchtegernriesenrad. Die Faszination der großen, in allen möglichen Formen und Farben glitzernden Figuren lässt mich augenblicklich wieder ganz Kind werden.
In meinem Inneren höre ich die Stimme der Tante, die alljährlich meine Rummelbegleiterin mit dem großen Geldbeutel ist.
„Du bekommst Deinen Luftballon schon!“
Ich spüre ihre Hand und lasse mich führen, über den großen Platz und durch die Enge der vielen Leute. Sie weiß um meine Angst im Gedränge. Doch für meinen Luftballon bin ich immer bereit, dieses in Kauf zu nehmen.
Was war eigentlich das Geheimnis des Rummel-Luftballons funkt mein Erwachsenenhirn dazwischen?
Unser Rummelrundgang dauerte meist eine Stunde. Meine Tante machte sich alljährlich mit dem Besuch der Geisterbahn auch selbst eine Freude und nahm mir dabei Runde für Runde die Angst vor der Dunkelheit des abgeschlossenen Raumes. Hier durfte ich schreien, ohne Maßregelungen befürchten zu müssen.
All diese Erinnerungen fühlte ich und die überaus große Freude, als ich mir auch heute einen besonders großen bunten Luftballon kaufte.
Ich ließ mir diesen am Handgelenk befestigen und ein großes Glücksgefühl durchflutete meinen Körper. Die verstörten Blicke der mich beobachtenden Leute prallten wie Seifenblasen an mir ab.
„Warum bleibt der Luftballon vom Rummel immer so schön oben und der Luftballon am Geburtstag nicht“, höre ich meine innere Stimme fragen.
Die Antwort meiner Tante überzeugt mich schnell: „Das ist eines der Geheimnisse des Rummel-Luftballons.“
Ich kann mich noch lebhaft daran erinnern, dass es mein Zauberluftballon häufig nicht bis nach Hause schaffte. Ich wollte ihn lieber selbst festhalten, statt ihn fixieren zu lassen und so ließ ich ihn oft in einem unbedachten Augenblick los.
Erschrocken und traurig schaute ich ihm dann nach. Zu meiner Beruhigung flüsterte meine Tante:
„Schicke ihm schnell deine geheimen Wünsche hinterher. Diese kann er dann im Himmel abgeben und wer weiß, vielleicht erfüllen sie sich dann schneller.“
„Das ist das große Geheimnis des Rummel-Luftballons“
Die Vorstellung eines persönlichen Wunschüberbringers hielt sich viele Kinderjahre und spätestens an der Haustüre ließ ich meinen Luftballon mit all meinen Wunschgedanken freiwillig steigen.
So entlasse ich mit vielen Wünschen im Gepäck auch heute meinen großen bunten Luftballon gen Himmel und schaue ihm liebevoll und voller Vorfreude auf die Wunscherfüllung hinterher.
Etwas loslassen, freilassen und vertrauen, dass alles gut wird ist heute mein immer gleicher Impuls, wenn ich bunte Luftballons am Himmel entdecke.
Ich verbinde mich immer gerne mit meinem fröhlichen inneren Kind, erfreue mich an seiner Leichtigkeit, Lebenslust und Unbeschwertheit und erfahre dadurch Kraft und Zuversicht.
Welche Geheimnisse erwachen in Deinem freudigen inneren Kind zum Leben?
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welch schöne Kindheitserinnerung, die Du da Dir selbst auch als „großes“ Kind immer wieder schenkst, Margaretha.
Ich habe keine Kindheits-Rummel-Erinnerungen. Für den Rummel war in meiner Herkunftsfamilie weder Zeit noch Geld „übrig“.
Ich habe das – in sehr bescheidenem Maße – mir erst als Erwachsene erschlossen – bin erst mit 24 Jahren zum ersten Mal Achterbahn gefahren – und Luftballons hab ich bisher am Rummel noch nie gekauft …
Mit meinem Bruder gehe ich jedes Jahr in Kassel auf den Zissel (das dortige Volksfest im Sommer) und auf den Weihnachtsmarkt. Und sein Herzenswunsch ist immer, dass ich mit ihm Riesenrad fahre – und dann genießen wir den Rundumblick über unsere Heimatstadt und haben gemeinsam Freude daran.
Ich glaube, da leben wir dann den Kinder-Rummel ein bisschen ;-))
Vielen Dank für Deine Gedanken, liebe Lydia und wie schön, dass Du heute ein bisschen Kindheit nachholen kannst. Achterbahn bin ich nie gefahren, da wurde mir schon beim Zuschauen übel. Riesenrad bin ich mit 12 Jahren auf dem Wieder Prater das erste Mal gefahren. Wie gut, dass ich meinen Fotoapparat dabei hatte und ich mir heute noch die schwarz-weiß Aufnahmen „Wien von oben“ anschauen kann. Erinnerungen sind so süß, wie ein Stück Schwarzwälderkirsch-Torte.