Also, so geht das nicht! Mein Vater schaut mir über die Schulter und kritisiert mich, wieder einmal!
Er hat mir das Schreiben gelernt, sobald ich einen Stift richtig halten konnte. Malen und schreiben war für mich als Kind ein- und dasselbe. Mein Vater malte mir die Buchstaben vor, ich malte sie nach.
Als ich in die Schule kam, konnte ich das Alphabet nicht nur „aufsagen“ sondern auch „malen“, ich sagte jedoch schreiben dazu und fühlte mich ganz groß.
Dass schulisches Schreiben dann doch etwas anderes als Buchstaben malen war, verpasste mir einen Erstklässlerschock. Das Verbinden von A bis Z war eine feinmotorische Herausforderung, doch nach nervlicher Erholung durchaus machbar, auf der Schiefertafel sowieso.
Für was hatte ich eine gute Spucke!
Das fortgeschrittene Schreiben in den nächsten Klassen mit Bleistift in Verbindung mit einem guten Radiergummi, später dann das Schreiben mit dem Füller und seinem Freund, dem Tintentod waren zwar im Fach „Schönschreiben“ etwas herausfordernd, doch wir Alle lernten es mehr oder weniger schnell.
Meine Disziplin ging dabei mit in die Schule und für eine gute Schreibnote war mir das Lob meines Vaters sicher und wichtig.
Willkommen in der Welt der Deutschen Sprache
Interessant wurde mein Schülerinnen-Schreiberlebnis mit Einführung des Faches Deutsch. Jetzt wurde das Schreiben mehr als inspirierend. Meine Gedanken durften bleibende Worte werden und in den verschiedensten Formen zum Ausdruck kommen.
Ich liebte das Geschichtenerzählen am meisten. Meine Fantasie drehte dabei Pirouetten und machte Saltos, zur Freude meiner Lehrerinnen. Das Schreiben wurde vor allem in den Pubertätsjahren zu meiner besten Freundin, meinem besten Freund.
Schrieb ich, vergaß ich alles um mich herum, versank in meiner Welt und war glücklich. Meine Familie verstand das zwar nicht, akzeptierte jedoch meinen Rückzug mehr oder weniger.
Wieder war es mein Vater, der mich unterstütze und als ich seine neue Schreibmaschine benutzen durfte, war mein Schreibglück perfekt. Lange hatte ich mir das schon gewünscht.
Ohne Fleiß kein Preis
Nichts war umsonst!
Jetzt begann das „Schreiben lernen“ erneut und er unterrichtete mich im 10-Finger Schreibsystem. Alles musste seine Ordnung haben.
Als englischer Kriegsgefangener hatte er während dieser Zeit das Schreiben auf der Schreibmaschine gelernt und da er seine englischen Freunde auf dem Laufenden halten wollte, diktierte er mir gerne seine Post in die Maschine. Seine Schreibhand verweigerte ihm zunehmend den Dienst und für mich war das Tippen eine gute Übung. Nebenbei lernte ich eine Seite meines Vaters kennen, die mir bis dahin verborgen war und darüber hinaus schulte es mein Englisch.
Zur Königsdisziplin des Schreibens wurde für mich jedoch das Stenographieren. In der Realschule stand Steno auf dem Stundenplan und zum dritten Mal lernte ich eine neue Schreibtechnik. Gott sei Dank hatte ich mit dem Üben und Dranbleiben keinerlei Probleme und am Ende meiner Schulzeit schrieb ich bis zu 180 Silben in der Minute.
Ich liebte und liebe es heute immer noch. Stenographieren ist schnell, effizient und als Geheimschrift jederzeit einsetzbar!
Errungenschaft – Personal Computer
Nichtsdestotrotz bin ich für die Erfindung des PCs und seiner Schreibprogramme überaus dankbar. Die Korrekturtaste, oder die Rechtschreibprüfung sind längst meine täglichen Begleiter geworden. Das Schreiben mit all den technischen Formatierungsmöglichkeiten hat für mich seit dieser Zeit eine neue Dimension.
Mein Weg in die Sichtbarkeit
Vor fünf Jahren habe ich einen großen „Schreib-Schritt“ gewagt und bin mit dem Lebensschatzkistenblog in das World Wide Web. Die Vision war und ist es, Menschen mit meiner Lebenserfahrung zu inspirieren.
Ich möchte Ihnen ein Beispiel sein und Mut machen die Herausforderungen des Lebens anzunehmen und gestärkt aus Krisen hervorzugehen.
Gerade das Schreiben über den plötzlichen Tod unseres Sohnes hat mich über viele Trauerstunden gerettet.
Heute weiß ich, dass ich durch diese Erfahrung anderen verwaisten Eltern beistehen kann.
Seit dieser Zeit lerne ich noch einmal neu zu schreiben, oder auch texten, je nachdem was und wo ich schreibe.
Schreibend die Welt ein Stückchen friedvoller und besser zu machen, hier auf dem Blog, als Brief, Postkarte, Mail oder auf den Sozialen Plattformen, das habe ich mir im letzten Drittel meines Lebens zur Aufgabe gemacht.
Mit diesem Beitrag nehme ich an Anna Koschinskis Blogparade „Das Schreiben über das Schreiben“ teil und freue mich auf alle Artikel der Bloggergemeinschaft.
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Liebe Margaretha,
ich bewundere deine Erinnerungsfähigkeit! Buchstaben MALEN, so wird das Schreiben wohl auch bei mir seinen Anfang genommen haben, doch erinnern kann ich mich daran nicht mehr. Einzig, dass ich es immer gern tat:-)
Auch ich habe seinerzeit Steno gelernt, ganz nach dem Vorbild meiner Mama, die Stenotypisting war. Doch als ich tatsächlich in den Beruf fand, waren bereits alle Arbeitsplätze mit computer-unterstützten Schreibmaschinen ausgestattet, Mitte der 80iger gängige Praxis. Habe daher die „Geheimschrift“ verlernt.
Aber egal, das Wort lebt und lebt und lebt und mit ihm die vielen Texte, die aus uns herausfließen.
Schön, dass wir so eine vielfältige Schreib-Gemeinde haben!
Wir lesen uns,
herzliche Grüße
Gabi
Ganz liebe Dank, liebe Gabi für Deine Erinnerungen. Ob mit oder ohne Geheimschrift, das Schreiben ist und bleibt für jeden von uns einzigartig, unverwechselbar und wunderbar. Nicht zuletzt können wir Alle voneinander lernen und uns gegenseitig inspirieren.
Liebe Margaretha, der Zufall hat uns zusammengeführt und es kann kein Zufall sein, dass wir ähnliche Interessen haben. Deine Geschichte wie Du schreiben lerntest und welch wunderbare Rolle Dein Vater dabei spielte hat mich sehr berührt. Bei mir war es ähnlich, aber diese Rolle hatte mein Großvater. Er war derjenige, der mich für alles und jedes an der Hand nahm und mir das Leben zeigte. Er hat einen großen Platz in meinem Herzen. Mein Vater löste ihn quasi später ab, als es ihm nicht mehr gut ging und er loslassen musste. Auch mein Vater war in englischer Kriegsgefangenschaft und hat wohl ähnliches erlebt, wie Deiner. Steno lernte ich auch, freiwillig und vielleicht ist es deswegen auch nicht so trainiert, was ich bedauere. Schreibmaschine jedoch lernte ich ebenso freiwillig, jedoch mit großem Eifer. Ich hatte das Glück, dass es im Gymnasium in dem ich war, durch die angegliederte Realschule, eine Schreibmaschinenraum gab und wir dadurch eine Chance bekamen einen Kurs zu belegen. Ich freue mich auf Deine weiteren Beiträge, liebe Margaretha,
Liebe Grüße, Petra
Liebe Petra,
herzlichen Dank für Deinen so ausführlichen Kommentar.
Ich stelle immer wieder fest, dass das LEBEN Menschen auf wundersame Weise zusammenführt. Ist man offen für Neues, wie z.B. Social Media und in Deinem Fall die Plattform LinkedIn, über die wir uns kennengelernt haben, passieren lebensbereichernde Begegnungen über die ich mich sehr freue. Wir werden uns sicherlich gegenseitig wertschätzend inspirieren können.
Für mich waren Steno und Maschinenschreiben in der Realschule Pflichtfächer und wir wurden „mehr als gefördert!“ Ich liebte diese Fächer dennoch, entsprachen sie meiner schnellen Auffassungsgabe, die dadurch noch mehr geschult wurde.
Ich freue mich auf eine moderne Brieffreundschaft per Mail und auf Dein neues Buch.
Liebe Margaretha,
auch deswegen liebe ich Blogparaden – wir lernen unsere Mitschreibenden ganz zufällig kennen, wie wundervoll! Deine Schreibreise finde ich sehr spannend. Zehn-Finger-blind-Schreiben durfte ich auch lerne und bin heute noch froh darüber. Ich schreibe allerdings auch rasend gern mit meinem Füller auf schönem Papier.
Deinen Artikel zum Trauer-Gast musste ich auch gleich lesen und bin tief berührt über deinen Umgang mit diesem großen Verlust, mit Trauer und Dankbarkeit. Schön, dass du deine Lebensschatzkiste für die Welt geöffnet hast!
Ganz liebe Grüße von Schreiberin zu Schreiberin,
Silke
Liebe Silke,
sich durch das Schreiben verbunden zu wissen ist ein großer Schatz, den wir unbedingt hegen und pflegen sollten. Ich bin immer wieder überrascht, wen ich alles durch meine Schreibreise kennenlernen durfte. In meinen Notizen steht auch ein Thema mit dem Vermerk „Blogparade“. Ich denke an Dich, wenn diese ihre Reise beginnen wird.
Das Thema Trauer ist durch den Tod meines Sohnes seit dieser Zeit sehr präsent und ich kann gar nicht anders, als es in meine Artikel einfließen zu lassen. So hoffe ich, dass ich mit meinem Umgang damit Hoffnung und Trost spenden kann, denn die Liebe hört niemals auf.
Beste Grüße nach Hamburg
Liebe Margaretha,
da bin ich doch glatt mit dir durch deine Geschichte gewandelt… Wie spannend, einmal die so unterschiedlichen Formen des Schreibens zu wertschätzen!
Auf dein Steno-Können bin ich ein wenig neidisch, das habe ich nicht gelernt, obwohl es so oft so hilfreich sein könnte…
Ich habe mich beruflich und privat sehr auf das Tippen fokussiert und erst durch das Schreiben in den Rauhnächten ein Stück weit meine Handschrift „wiederentdeckt“ – ich finde es so spannend, wie unterschiedlich der Gedankenfluss dabei bei mir ist…
Konfettigrüße,
Anja
Liebe Anja,
ja, mein geliebtes Steno hat mir schon großen Dienst erwiesen. Doch allein, dass Dir das Tippen Dein Leben erleichtert ist wunderbar. Ich höre immer wieder von Schreibenden, dass sie kein 10-Finger-System können. Nichts geht jedoch über das Schreiben mit der Hand in ein schönes Schreibheft und mit einem ganz besonderen Schreibmittel. Bei mir ist es der Füller meiner Großmutter, der schon über 100 Jahre alt ist und bestens funktioniert. Es ist unglaublich was da aufs Papier kommt.
Ganz liebe Grüße in den Hohen Norden
Eine interessante Schreib-Lebensgeschichte – und noch mit Steno, wow! 🙂
„Schreibend die Welt ein Stückchen friedvoller und besser zu machen“ ist ein wunderschöner Leitsatz, dem ich mich anschließe!
Spannend, dass dich der Einstieg ins Schreiben auf dem PC nicht groß irritiert hat! Ich las öfter Berichte von Schreibenden, die erstmal kaum mehr dazu kamen, etwas „fertig“ zu schreiben – eben weil die Löschtaste ständie Verbesserungen und Umformulierungen einfach macht. Ich war dagegen froh, nicht mehr mit Tipp Ex hantieren zu müssen!
Liebe Claudia,
vielen Dank für Deinen Kommentar. Es freut mich sehr, dass wir mit unserer Schreibstimme einen guten Geist verbreiten können. Ich habe mir Deinen Blog angeschaut und bin überwältigt. So freue ich mich um so mehr, dass wir jetzt als Blogger-Kolleginnen verbunden sind. Ja, mein Steno ist mein „Schreibheiligtum“, oft stenographiere ich im Kopf den Nachrichtensprecher mit um fit zu bleiben.
Liebe Margaretha,
danke für deine Schreib-Biografie, es ist erstaunlich, wie oft wir neu schreiben lernen in unseren Leben, nicht wahr? Bei mir ist das auch so. Mein kindliches Fantasie-Geschichten-schreiben, dann das schulische Aufsätze schreiben, dann Interpretation, Diskussion, Erörterung, Analysen und so weiter, dann das wissenschaftliche Schreiben, dann Schreiben fürs Hören, Webtexten, Bloggen, Teaser, Schreiben für visuelles Marketing. Es ist völlig verrückt, wie vielfältig wir das Schreiben einsetzen, ganz leicht, ohne groß nachzudenken. Dabei haben wir es schon so oft neu gelernt, es ist eben doch Handwerk und auch Arbeit 🙂
Danke für deinen Beitrag und danke, dass du da bist
Anna
Liebe Anna, danke, dass Du hier Deine „Schreibstationen“ mit uns teilst. Es ist erstaunlich welche Entwicklung Dein Schreiben genommen hat und so wunderbar, dass Du Dein Talent zu Schreiben zu Deinem Beruf gemacht hast.